Kommentar
Trotz der präliminären Daten und der kleinen Patientenzahl ist das eine exzellente Studie. Folgende Punkte erscheinen uns beachtenswert:
1.
Die im Verhältnis zu anderen Studien schlechten Ergebnisse im ereignisfreien Überleben sind durch die sehr großzügigen Einschlusskriterien (weit überwiegend inoperable Patienten, z. T. große Tumoren oder Rezidive) erklärbar.
2.
Bei Patienten mit positivem PD-L1-Status war die lokale Kontrolle 100 %, mit und ohne Immuntherapie. Das kann man nicht mehr überbieten. Auch sonst ist die lokale Effektivität der SABR hoch, sodass die Kombination mit einer Immuntherapie für manche Patienten mit günstiger Ausgangslage (Ersterkrankung, kleiner Tumor) eine Übertherapie darstellen kann.
3.
Die Immuntherapie hatte einen eindrucksvollen Effekt, obwohl sie relativ kurz war (nur 4 Infusionen, also kein Vergleich zu einer Erhaltungstherapie mit beispielsweise Durvalumab über ein Jahr im Stadium III).
4.
Der Effekt der Immuntherapie betraf alle Rezidivlokalisationen (lokal, regional, distant, Zweitkarzinome), war aber besonders eindrucksvoll bezüglich der lokalen Kontrolle. Das stärkt die Hypothese von synergistischen Effekten. Die zeitliche Abfolge der Therapieverfahren könnte eine ganz entscheidende Rolle spielen. Der Stellenwert der adjuvanten Immuntherapie nach Resektion ist bisher nicht eindeutig geklärt. Atezolizumab wurde für die adjuvante Therapie nach platinbasierter Chemotherapie bei hohem Rezidivrisiko und PD-L1-Expression ≥ 50 % auf den Tumorzellen zugelassen. Im Stadium IIA/B zeigte sich in der IMpower010-Studie allerdings kein signifikanter Vorteil in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben [
7]. Pembrolizumab verbesserte in der PEARLS/KEYNOTE-091-Studie das krankheitsfreie Überleben, dies galt jedoch nicht für das Stadium IB [
8].
5.
Die Immuntherapie ist beim NSCLC sehr effektiv. Die bisher größte Effektivität (gemessen an der Hazard Ratio) wurde aber in dieser Studie beobachtet.
6.
Die Toxizität der zusätzlichen Immuntherapie erscheint zunächst moderat und ist sicherlich auch durch die kurze Behandlungsdauer begünstigt. Nichtsdestotrotz muss berücksichtigt werden, dass insbesondere funktionell inoperable Patienten eine hohe Komorbidität aufweisen und somit ein besonders vulnerables Patientenkollektiv darstellen. In der vergleichbaren, kürzlich im
Red Journal publizierten iSABR-Phase-1-Studie, die eine Kombination von SABR und Durvalumab untersuchte, entwickelten 5 von 18 Patienten pulmonale Toxizitäten Grad ≥ 3, hierunter 4 Pneumonitiden, von denen eine tödlich verlief [
9].
Fazit: Für diese Indikation gibt es bisher keine Zulassung der Immuntherapie, und die praktische Umsetzung ist deshalb limitiert. Der Einfluss auf das Gesamtüberleben sowie die Daten aus weiteren laufenden randomisiert-kontrollierten Studien (u. a. KEYNOTE-867, PACIFIC‑4, SWOG/NRG S1914) bleiben abzuwarten. Trotzdem stärkt diese Studie die Position der SABR, und die exzellente lokale Kontrolle bei PD-L1-positiven Tumoren mit alleiniger SABR (kein Lokalrezidiv!) kann man schon heute als Argument nutzen. Zukünftig sollte vermehrt auch bei funktionell nichtoperablen Patienten eine histologische Sicherung erreicht werden, auch wenn diese nach aktuellem Stand der S3-Leitlinie bei typischer CT-Morphologie und FDG-Utilisation sowie mindestens Größenpersistenz über ≥ 4 Wochen nicht zwingend gefordert wird.
David Krug und Jürgen Dunst, Kiel
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