Die Bewertung der Effektivität der Adenotomie (AT) und Adenotonsillotomie (ATT) bei symptomatischer adenotonsillärer Hyperplasie orientiert sich in Studien oft nur am Ausmaß der postoperativen Symptomreduktion. Daher sollte erstmals im Rahmen dieser Studie erfasst werden, ob die AT und ATT zu einer postoperativen Verbesserung der kindlichen Lebensqualität (LQ) mittels dem Fragebogen „Glasgow Children’s Benefit Inventory“ (GCBI) und einer visuellen Analogskala (VAS) zur LQ führt.
Material und Methoden
Es wurden n = 111 Kinder prospektiv rekrutiert (3 bis 6 Jahre, ♂ 65 % ♀ 35 %, Æ Alter 4,2 Jahre, AT (66 %), ATT (34 %), Follow-up 3,5 Monate). Die kindliche LQ wurde mittels GCBI (24 Items) und einer VAS zur LQ (0 bis 10 Punkte) erfasst.
Ergebnisse
Bei 107 Kindern (96,4 %) ergab sich eine postoperative Verbesserung der LQ anhand der GCBI-Score-Werte. Es ergab sich ein mittlerer Score-Wert von +32,7 ± 22,14, Konfidenzintervall (KI) [+28,5–+36,9] mit maximal +97,9 und minimal −25,0 Punkten. In der Gruppe ATT wurde mit +39,4 ± 25,18 ein signifikant höherer mittlerer Score-Wert als in der Gruppe AT +29,3 ± 19,67 erreicht (p = 0,024). Bei 91 (82,0 %) der Kinder gaben die Eltern postoperativ einen höheren Punktewert in der VAS an, bei 16 (14,4 %) bemerkten die Eltern keine Änderung, nur bei 4 (3,6 %) verschlechterte sich die LQ.
Diskussion
Schon die reine Rachenmandelhyperplasie beeinflusst die allgemeine LQ relevant. Die Verbesserung der LQ in GCBI und VAS durch die Operation belegt den klaren Benefit. Bei zusätzlicher Hyperplasie der Gaumenmandeln verbessert eine zusätzliche Tonsillotomie die LQ noch deutlicher. Adenotomie und Adenotonsillotomie sind daher bei differenzierter Indikationsstellung effektive Operationen, um neben der reinen Symptomreduktion auch eine signifikante Verbesserung der kindlichen LQ zu erzielen.
Hinweise
Redaktion
B. Koletzko, München
T. Lücke, Bochum
E. Mayatepek, Düsseldorf
N. Wagner, Aachen
S. Wirth, Wuppertal
F. Zepp, Mainz
Hintergrund und Fragestellung
Die Adenotomie (AT) stellt die häufigste Operation im Kindesalter dar. Obwohl die adenotonsilläre Hyperplasie mit vielfältigen Symptomen einhergeht und die Indikation zu AT oder Adenotonsillotomie (ATT) interdisziplinär konträr diskutiert wird, ist eine mögliche Beeinflussung der kindlichen Lebensqualität (LQ) durch die Operationen selbst kaum untersucht. Die Bewertung der Effektivität der AT orientiert sich in Studien oft nur am Ausmaß der klinischen Symptomreduktion [25].
Der Glasgow Benefit Inventory (GBI) ist ein zur Erfassung der Lebensqualität entwickelter Fragebogen, welcher nicht einen momentanen „Istzustand“ abfragt, sondern retrospektiv die Änderung der LQ nach einer Intervention beschreibt. Damit ist die Erfassung auch geringer Veränderungen, die in Beziehung mit einer Operation gesehen werden, sehr sensibel möglich. Der GBI wurde initial für Erwachsene mit 18 Items im HNO-Bereich (Sprachtherapie, Hörgerätversorgung, HNO-Chirurgie) eingesetzt [1, 9, 11, 17]. Der etablierte Fragebogen wurde von Kubba et al. (2004) als generisch einsetzbares Instrument speziell für das Vorschulalter modifiziert, auf 24 Items zum „Glasgow Children’s Benefit Inventory“ (GCBI) erweitert und validiert [13]. Die Items erfassen 4 Teilbereiche: Emotion/Gefühlswelt, körperliche Gesundheit, Lernverhalten und Vitalität/Lebhaftigkeit. Die Antwortmöglichkeiten sind Likert-skaliert von „viel schlechter“, „etwas oder ein wenig schlechter“, „keine Veränderung“, „etwas oder ein wenig besser“ bis „viel besser“.
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Die Übersetzung ins Deutsche wurde von Schwentner et al. [19] validiert und zur Erfassung der kindlichen LQ nach Adenotonsillektomie eingesetzt [18].
In der internationalen Literatur findet der GCBI in weiteren Studien zur kindlichen LQ bei adenotonsillärer Hyperplasie nach TE/TT und ATE/ATT Verwendung, insbesondere bei der Evaluation verschiedener Operationstechniken [4, 5, 12, 22, 28]. Bislang wurde der GCBI noch nicht in einer prospektiven Studie explizit nach alleiniger AT oder ATT im Kindesalter von 3 bis 6 Jahren eingesetzt.
Insgesamt sollte ermittelt werden, ob die AT mit und ohne Tonsillotomie zu einer erfassbaren Verbesserung der kindlichen LQ führt, gemessen mit dem GCBI und einer visuellen Analogskala zur LQ. Zudem sollten dabei mögliche Unterschiede zwischen AT und ATT aufgezeigt werden.
Studiendesign und Untersuchungsmethoden
Das Studienkollektiv wurde konsekutiv aus Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren von Juni 2015 bis November 2016 rekrutiert. Präoperativ wurden 138 Kinder in die Studie aufgenommen. Das „lost to follow-up“ betrug 19,6 %, sodass insgesamt n = 111 (80,4 %) eingeschlossen werden konnten. Die Kinder erhielten an einer Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde eine AT (66 %) oder eine ATT (34 %). Das mittlere Alter betrug 4,0 Jahre bei AT und 4,5 Jahre bei ATT. Es wurde mit 65 % vs. 35 % mehr Jungen als Mädchen eingeschlossen. Die Indikation zur Operation wurde im Rahmen der ambulanten Vorstellung in der Hochschulambulanz gestellt. Eine AT wurde standardisiert gemäß den Empfehlungen der aktuellen Leitlinie „Adenoide Vegetationen“ indiziert [29]. Anamnestische Symptome zur Indikationsstellung waren nächtliches Schnarchen, Mundatmung, rezidivierende Infekte der oberen Atemwege, rezidivierende akute Otitis media, chronische Tubendysfunktion, rezidivierendes Seromukotympanon, Sprachentwicklungsverzögerung aufgrund von Schallleitungsschwerhörigkeit sowie schlafbezogenen Atemstörungen im Sinne einer kindlichen Schlafapnoe. Bei anamnestisch deutlicher obstruktiver Symptomatik, einer mittleren bis hohen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer kindlichen Schlafapnoe des routinemäßig präoperativ erhobenen Brouillette- und OSA-18-Scores und einer inspektorisch relevanten Hyperplasie der Tonsilla palatina wurde zusätzlich eine TT mit der elektrischen Nadel durchgeführt. Diese beiden Fragenbogen (Brouillette und OSA-18) werden standardmäßig eingesetzt. Wichtige Ausschlusskriterien der Studie waren Voroperationen im Pharynx, Alter zum Zeitpunkt der Operation: <3 oder >6 Jahre sowie schwerwiegende Grunderkrankungen.
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Es erfolgte eine prospektive Befragung der Eltern am Operationstag (visuelle Analogskala) und postalisch nach der Operation (visuelle Analogskala, GCBI). Das mittlere Follow-up betrug 105 ± 24 Tage (Minimum 78, Maximum 182). Die gewählte Zeitspanne des Follow-up wurde in Anlehnung an aktuelle Studien gewählt, welche zu einem späteren Zeitpunkt nur mehr geringe Veränderungen des Operationsergebnisses gezeigt hatten [4, 5, 15]. Zudem sollte eine Datenbeeinflussung durch die raschen physiologischen Entwicklungsschritte im Kindesalter minimiert werden.
Glasgow Children’s Benefit Inventory
Den 5 Antwortmöglichkeiten des GCBI wurden numerische Werte von −2 („viel schlechter“), −1 („etwas oder ein wenig schlechter“), 0 („keine Veränderung“), +1 („etwas oder ein wenig besser“) und +2 („viel besser“) zugeordnet. Die Summe aller Item-Werte wurde durch die Anzahl der 24 Fragen dividiert und mit 50 multipliziert. Die so ermittelten Werte umfassen −100 Punkte (maximale Verschlechterung) bis +100 Punkte (maximale Verbesserung). Ein Gesamt-Score von 0 wurde als unveränderte postoperative LQ interpretiert.
Die Auswertung des GCBI-Score erfolgte deskriptiv unter Angabe von Mittelwert, Standardabweichung mit 95 %-Konfidenzintervall (KI) und Extremwerten.
Visuelle Analogskala zur Lebensqualität
Die Eltern wurden zusätzlich prä- als auch postoperativ gebeten, die LQ des Kindes auf einer visuellen Analogskala (VAS) von 0 bis 10 Punkten insgesamt subjektiv zu bewerten. Höhere Werte entsprachen dabei einer besseren LQ.
Die Datenspeicherung und statistische Auswertung wurde mit „IBM SPSS Statistics Version 21.0 (IBM, Armonk, NY, United States)“ durchgeführt. Da im Rahmen des Studiendesigns nicht auf multiples Testen adjustiert wurde, erfolgte eine explorative Datenanalyse. Das Signifikanzniveau wurde auf α = 5 % (p < 0,05) festgelegt. Alle statistischen Signifikanztests wurden zweiseitig ausgewertet. Es wurde keine Normalverteilung der Daten angenommen und daher in der statistischen Analyse die nichtparametrischen Tests nach Wilcoxon für verbundene Stichproben und nach Mann-Whitney‑U für unverbundene Stichproben angewandt.
Ergebnisse
Glasgow Children’s Benefit Inventory
Die individuellen Score-Werte des GCBI wurden für alle Patienten mittels „waterfall plot“ in Abb. 1 dargestellt. Bei insgesamt 107 der 111 Kinder (96,4 %) ergab sich eine postoperative Verbesserung der kindlichen LQ.
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Es ergab sich ein mittlerer Score-Wert von +32,7 ± 22,14, KI [+28,5–+36,9] mit maximal +97,9 und minimal −25,0 Punkten bei möglichen Score-Werten von −100 bis +100. In der Gruppe ATT wurde mit +39,4 ± 25,18 ein signifikant höherer mittlerer Score-Wert als in der Gruppe AT +29,3 ± 19,67 erreicht (p = 0,024). Die mittleren angegebenen Item-Rohwerte sind mittels Box-Whisker-Plots für den Mittelwert aller 24 Items und für die 4 Teilbereiche des GCBI in Abb. 2 dargestellt.
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Visuelle Analogskala zur Lebensqualität
Die Auswertungen der visuellen Analogskala (VAS) zur Einschätzung der prä- und postoperativen LQ des Kindes sind in Abb. 3 dargestellt.
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Bei 91 (82,0 %) der Patienten gaben die Eltern postoperativ einen höheren Punktewert in der VAS und damit eine Verbesserung der LQ an, bei 16 (14,4 %) Kindern bemerkten die Eltern keine Änderung der LQ, und nur bei 4 (3,6 %) Kindern verschlechterte sich die LQ.
Der mittlere Wert der VAS verbesserte sich im Gesamtkollektiv signifikant von 6,2 ± 1,95 KI [5,9–6,6] mit einem minimalen Wert von 1 und maximal 10 auf 8,7 ± 1,25 KI [8,5–8,9] mit einem minimalen Wert von 3 und maximal 10 (p < 0,01). Die mittlere Wertzunahme betrug 2,5 ± 2,16 KI [2,0–2,8], mit minimal −5 bis maximal +9. Auch innerhalb der Operationsgruppen AT (6,4 ± 1,81 auf 8,2 ± 1,63) und ATT (6,2 ± 1,92 auf 9,1 ± 0,83) war die Steigerung der Werte signifikant (jeweils p < 0,01).
Präoperativ war keine signifikante Abweichung der Mittelwerte zwischen der AT-Gruppe (6,4 ± 1,81) und der ATT-Gruppe (6,2 ± 1,92) festzustellen (p = 0,645). Im Vergleich der postoperativen Mittelwerte zeigte sich in der AT-Gruppe (8,2 ± 1,63) jedoch ein signifikant geringerer Mittelwert als in der ATT-Gruppe (9,1 ± 0,83) (p = 0,015).
Diskussion
Die Verbesserung der LQ nach operativen Eingriffen gewinnt als Kriterium des Therapieerfolgs in Medizinethik, Gesundheitsökonomie und klinischem Alltag zunehmend an Bedeutung.
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In den vorliegenden Versionen der deutschen Leitlinien zur adenotonsillären Hyperplasie des Kindes beschränkt sich die Bewertung des Operationserfolges ausschließlich auf die erzielte Symptomreduktion [27, 29]. Um das Outcome umfassend zu definieren, ist jedoch auch eine gezielte Evaluation der kindlichen LQ unumgänglich.
Die zahlreichen körperlichen Symptome bei der adenotonsillären Hyperplasie, wie rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege, Schallleitungs- und phonologische Störungen oder schlafbezogene Atemstörungen, können zu systemischen Einschränkungen bis hin zur allgemeinen Entwicklungsverzögerung führen [25]. Damit ist eine Beeinträchtigung der kindlichen LQ sehr wahrscheinlich und muss erfasst werden.
Gemessen an der Literaturvielfalt zu klinischen Symptomen, liegen zur Einschränkung der gesundheitsbezogenen LQ durch die Erkrankung international kaum Studien vor. Vornehmlich für die Adenotonsillektomie (ATE) bei schlafbezogenen Atemstörungen wurden signifikante Verbesserungen in der LQ beschrieben [2, 26]. Amerikanische Studien weisen darauf hin, dass das Ausmaß der präoperativen Beeinträchtigung mit anderen chronischen Erkrankungen des Kindesalters, wie der juvenilen rheumatischen Arthritis, zu vergleichen ist. In einigen Lebensbereichen zeigte sich sogar eine noch gravierende Reduktion der LQ [8, 24].
Zur kindlichen LQ vor und nach AT und ATT bei adenotonsillärer Hyperplasie, unabhängig von schlafbezogenen Atemstörungen im Kindesalter, gibt es dagegen keine Untersuchungen.
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Die Masse der Studien zur LQ bei Kindern mit Erkrankungen der Rachen- und Gaumenmandeln wurden bisher zur klassischen ATE/TE publiziert und ist damit nur eingeschränkt vergleichbar. Die ATT ist in der Klinik zunehmend etabliert, die Vor- und Nachteile einer Tonsillotomie vs. Tonsillektomie werden jedoch weiterhin durchaus kontrovers diskutiert [10, 23]. Die Vorteile der Tonsillotomie bezüglich postoperativer Komplikationen und geringerer Morbidität sind vorhanden [27] und unterstützen die Bevorzugung der extrakapsulären Tonsillotomie bei kindlicher Schlafapnoe zur Verbesserung der obstruktiven Symptome. Bei der rezidivierenden akuten Tonsillitis („chronische“ Tonsillitis“) im Kindesalter wird die „bloße“ Tonsillotomie kritisch gesehen. Weitere Kriterien, wie u. a. die LQ gewinnen somit zusätzlich an Bedeutung. Zur kindlichen LQ bei ATT liegen aber bisher kaum Daten vor, was die Bedeutung in der vorliegenden Studie hervorhebt. Eine prospektive und randomisierte Studie zum direkten Vergleich von Tonsillotomie mit Tonsillektomie liegt weder bei Kindern noch bei Erwachsenen vor, sollte aber durchaus angestrebt werden.
Zur Erhebung der kindlichen LQ bei reiner AT mittels GCBI konnten aus Studien [20] nur Ergebnisse aus Subgruppenanalysen zum Vergleich herangezogen werden, da es keine eigenen Studien zur kindlichen LQ bei adenotonsillärer Hyperplasie und AT gibt. Die vorhandenen Publikationen sind kaum vergleichbar, da sie in Bezug auf Fragestellung, Methodik und Patientenkollektiv deutliche Diskrepanzen zu unserer Studie aufweisen. Aus einer Studie von Schwentner et al. zur kindlichen LQ nach ATE bei chronischer Tonsillitis liegt lediglich eine Subgruppenanalyse zur LQ für Kinder mit AT vor. Im GCBI hatte sich insgesamt nach AT in Vergleich zu unserem Patientenkollektiv eine etwas geringere Zunahme der LQ (+24 vs. +29) gezeigt. Auch diese Autoren konnten eine klare Verbesserung in allen Subscores des GCBI nach AT zeigen, wobei sich die deutlichste Steigerung, wie in unserem Patientenkollektiv, im Bereich der körperlichen Einschränkungen zeigte [18]. Da jedoch primär die LQ bei chronischer Tonsillitis untersucht wurde, entsprachen weder die Indikation zur AT noch das mittlere Alter bei AT oder TE von im Mittel 8,7 Jahren den Voraussetzungen unseres Patientenkollektivs, was die Vergleichbarkeit mit unseren Ergebnissen deutlich einschränkt [18, 19].
Studien zur Erhebung der kindlichen LQ mittels GCBI bei kombinierter ATT sind ebenfalls nur eingeschränkt vorhanden und beziehen sich ausschließlich auf schlafbezogene Atemstörungen. Studien zur ATT bei adenotonsillärer Hyperplasie, unabhängig von kindlichen Atemstörungen, liegen nicht vor. Vergleichbare Werte des GCBI zur ATT („subtotale“ ATE ≙ ATT) bei schlafbezogenen Atemstörungen wurden beispielweise in einer retrospektiven Studie von Wood et al. [28] publiziert. Im Vergleich mit der „totalen“ ATE ergab sich für die ATT ein mittlerer GCBI von +50, welcher eine noch deutlichere Steigerung der kindlichen LQ als in unserem Patientenkollektiv anzeigte [28].
Des Weiteren liegen 2 Studien zur kindlichen LQ zur Tonsillotomie (TT) ohne AT vor [5, 22]. Hier wurde die LQ im Vergleich von TT und TE erhoben. Der Einfluss der Rachenmandelhyperplasie und der AT wurde in dieser Arbeit nicht beschrieben. Die Ergebnisse sind daher nur indirekt vergleichbar. In beiden Studien zeigte der GCBI einen signifikanten Gewinn der LQ im Gesamt-Score sowie in allen Subkategorien durchaus vergleichbar mit den Ergebnissen unserer Studie nach AT sowie ATT. Die beste mittlere Steigerung der LQ zeigte sich bei den körperlichen Beschwerden.
Der generisch konzipierte GCBI wurde speziell im Hinblick auf den retrospektiven Einsatz in der pädiatrischen HNO modifiziert und bisher überwiegend in vergleichenden Studien zu (A)TE und (A)TT eingesetzt [13]. Daneben wurden jedoch auch Publikationen zum Einsatz des GCBI im Bereich der Sprachtherapie, der Hörgeräteversorgung und in anderen Bereichen der HNO-Chirurgie veröffentlicht, welche sich zu einem Vergleich mit den Ergebnissen in der vorliegenden Studie eignen. Nach Muschelplastik bei Kindern mit chronischer nasaler Obstruktion fanden sich in der Literatur mittlere Gesamt-Scores im GCBI von +20 bis +28 [14, 16], welche im Vergleich mit unseren Ergebnissen eine etwas geringere Zunahme in der LQ anzeigen. Nach Versorgung mit knochenverankertem Hörgerät oder Cochleaimplantat wurden dagegen im Vergleich zu unseren Ergebnissen nach AT und ATT überwiegend höhere GCBI-Scores von +11 bis +48 angegeben [3, 6, 7, 21]. Damit ist der Gewinn an LQ nach AT und ATT bei adenotonsillärer Hyperplasie, gemäß den Ergebnissen GCBI in der vorliegenden Studie, mit anderen pädiatrischen, HNO-ärztlich und operativ therapierten Krankheitsbildern vergleichbar.
Jeweils prä- und postoperativ wurden die Eltern unserer Studie gebeten, die LQ ihres Kindes zum Zeitpunkt der Befragung auf einer visuellen Analogskala einzuschätzen. Postoperativ gab die große Mehrheit der Eltern eine Verbesserung in der LQ ihres Kindes an, welche sich nach AT, sowie noch ausgeprägter nach ATT, in einer signifikanten Zunahme des mittleren Punktwerts von 6 auf 9 zeigte. Es lässt sich daher schlussfolgern, dass die Eltern die Beeinträchtigung in der LQ durch die adenotonsilläre Hyperplasie sehr deutlich wahrnehmen und dies zu einer insgesamt negativen Beurteilung der gesamten LQ führt. Das signifikante Ergebnis der VAS hebt den Stellenwert der körperlichen Gesundheit in der LQ hervor. In der Erfassung der LQ bei Kindern mit adenotonsillärer Hyperplasie sollten daher insbesondere die körperlichen Beschwerden und die Rolle der Eltern fokussiert werden.
Fazit für die Praxis
Die reine Rachenmandelhyperplasie beeinflusst die allgemeine Lebensqualität (LQ) in vielen Teilbereichen. Die Steigerung der LQ im Glasgow Children’s Benefit Inventory (GCBI) belegt den klaren Benefit durch eine Adenotomie. Bei symptomatischer Gaumenmandelhyperplasie scheint eine zusätzliche Tonsillotomie die LQ aus Sicht der Eltern noch deutlicher zu verbessern. Der Operationserfolg wird von den Eltern durch eine allgemein verbesserte LQ ihrer Kinder wahrgenommen.
In der Literatur scheint der Gewinn an LQ bezüglich der Schlafatemstörungen im Vergleich von Tonsillotomie und Tonsillektomie vergleichbar gut zu sein. Angesichts der weiterhin kontroversen Datenlage bezüglich der Bevorzugung von Tonsillotomie und Tonsillektomie ist ein Vergleich der Operationen auch im Hinblick auf die LQ unumgänglich. Aus unserer Sicht darf sich die Erfassung einer möglichen Einschränkung der kindlichen LQ bei adenotonsillärer Hyperplasie jedoch nicht allein auf das OSAS-Risiko beschränken. Der GCBI-Fragebogen eignet sich zur Erfassung der Änderung der LQ nach einer Intervention im Kindesalter. Ein auch präoperativ einsetzbarer Screeningfragebogen, welcher alle Symptome und Einschränkungen der kindlichen LQ bei der adenotonsillären Hyperplasie erfasst und nicht nur auf das Vorliegen einer obstruktiven Atemstörung beschränkt ist, ist noch nicht vorhanden und sollte entwickelt werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
F. Stupp, A. Grossi, T.K. Hoffmann, F. Sommer und J. Lindemann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.
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