Prostatitisähnliche Symptomatik beeinträchtigt Lebensqualität mehr als vermutet

Das Bild der prostatitisähnlichen Symptome ist offenbar komplexer als bisher bekannt. Die Betroffenen klagen vor allem über Schmerzen und Störungen der Sexualfunktion. Aber auch andere gesundheitlichen Störungen, die mit der Symptomatik einhergehen, beeinträchtigen die Lebensqualität deutlich. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Was ist für prostatitisähnliche Symptome charakteristisch? Dieser Frage gingen Professor Reet Mändar von der Universität in Tartu in Estland und ihre Kollegen mithilfe einer Querschnittstudie nach, die zwischen 2005 und 2006 im Süden Estlands gemacht wurde. Immerhin ist schätzungsweise jeder zweite Mann irgendwann im Leben davon betroffen. Für die Befragung wurden 8000 Männer im Alter zwischen 20 und 59 Jahren kontaktiert. Die Rücklaufquote betrug 21,6% (n = 1723). Unter den Fragebogen waren auch die standardisierten NIH-CPSI (National Institutes of Health Chronic Prostatitis Symptom Index) und GPSS (Giessener Prostatitis Symptom Score). Befragung offenbart komplexes Geschehen Statt der Definitionen für CP/CPSS (chronische Prostatitis/chronisches Beckenschmerzsyndrom) verwendeten die Ärzte die Nickel-Definition (Nickel JC et al. J Urol 2001;165:842–845), nach der die Diagnose unter anderem auf Basis perinealer und/oder ejakulatorischer Schmerzen/Unbehagen sowie eines Schmerzscores von mindestens 4 (von maximal 10) im NIH-CPSI-Fragebogen gestellt wird. Letztlich wurden nur 793 Männer für die Studie berücksichtigt, weil nur sie den NIH-CPSI-Fragebogen korrekt ausgefüllt hatten. Von diesen hatten 82 prostatitisähnliche Symptome, 711 hatten keine. Bisher sind prostatitisähnliche Symptome und die Folgen nach Ansicht von Mändar und ihren Kollegen nur unzureichend untersucht worden. Die Ergebnisse der Befragung machen deutlich, wie komplex das Geschehen ist und wie sehr es mit Komorbiditäten einhergeht. So schätzte ein Drittel der Betroffenen seinen allgemeinen Gesundheitszustand eher als schlecht bis ganz schlecht ein. Auffallend war, dass bei diesen Männern vermehrt Nierenerkrankungen, benigne Prostatahyperplasie, chronische Nervenerkrankungen und Depressionen aufgetreten waren. Das stimmt mit früheren Beobachtungen mit vermehrten chronischen Erkrankungen sowie Depressionen überein. Ein deutlicher Zusammenhang wurde auch mit gastrointestinalen Störungen beobachtet. Fast jeder Patient klagte über Schmerzen Mit 99% klagte fast jeder Mann mit prostatitisähnlichen Symptomen noch in der Woche vor der Befragung über Schmerzen in der Beckenregion, meist in der Perianalregion. Sie wurden meist zunächst als dumpf beginnend, dann aber als stechend und pochend beschrieben. Sie treten nach Angaben der Patienten unter anderem bei längerem Sitzen und beim Wasserlassen auf. Einen positiven bzw. einen negativen Einfluss auf die prostatitisähnlichen Symptome schrieben etwa jeweils 10% der Männer regelmäßigen sexuellen Aktivitäten zu. Fast jeder Zweite gab an, während eines Orgasmus oder danach Schmerzen zu haben. Darüber hinaus berichteten die Befragten über vermehrt auftretende Zystitis und gynäkologische Entzündungen bei ihren Lebenspartnerinnen sowie über gehäuft diagnostizierte Prostatitis bei engen Verwandten. Für die estnischen Ärzte ist dies ein Hinweis auf einen genetischen sowie immunologischen Hintergrund bei der Entwicklung prostatitisähnlicher Symptome, die darüber hinaus möglicherweise mit einer erhöhten Suszeptibilität für Atemwegsinfektionen assoziiert ist. Das war bisher nicht bekannt. Mit Sexualleben nicht zufrieden Schließlich stellten die Ärzte fest, dass Hochprozentiges, Antidepressiva, Sedativa und Schlafmittel häufiger von Männern mit diesen Symptomen als von jenen in der Vergleichsgruppe konsumiert wurden. Außerdem gab es in der Gruppe der Patienten mehr Studienteilnehmer, die Schichtarbeit und kontinuierlich Stress ausgesetzt waren. Letztlich wurden sowohl das Sexualleben als auch die täglichen Aktivitäten durch die prostatitisähnlichen Symptome empfindlich gestört. Die betroffenen Männer gaben an, seltener Ejakulationen zu haben und mit dem Sexualleben weniger zufrieden zu sein. Mändar und ihre Kollegen gehen davon aus, dass Störungen des Sexuallebens bei Männern im mittleren Lebensalter zumindest teilweise auf den Komplex der prostatitisähnlichen Symptome zurückzuführen sind. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Beschwerden sind bei Männern mit prostatitisähnlichen Symptomen charakteristisch? Antwort: Die Betroffenen klagen vor allem über Schmerzen und Störungen der Sexualfunktion. Aber auch andere Faktoren beeinträchtigen die Lebensqualität deutlich. Bedeutung: Ein Krankheitsbild mit prostatitisähnlichen Symptomen ist komplexer und die Beeinträchtigung täglicher Aktivitäten größer als bisher vermutet. Einschränkung: Vergleichsgruppe bestand nicht ausschließlich aus Gesunden, keine validierten Fragebogen zur Bestimmung der Sexualfunktion verwendet.

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