Abb. 1
Ein 63-jähriger Patient stellte sich mit seit 4 Wochen bestehenden, progredienten abdominellen Beschwerden vor. Klinisch zeigten sich freie Flüssigkeit im Abdomen, eine Perforation des Zökums sowie multiple Leberabszesse. Im Rahmen der (notfallmäßig durchgeführten) Laparotomie wurde die initial angestrebte rechtsseitige Hemikolektomie aufgrund weiterer Perforationen im distalen Kolon intraoperativ erweitert. Es erfolgte eine subtotale Kolektomie bis einschließlich des rektosigmoidalen Überganges. a Makroskopisch zeigten sich im Bereich der gesamten Kolonschleimhaut fleckförmig verteilte kreisrunde, teils konfluierende, scharf begrenzte Ulzerationen mit Fibrinbelägen und gelblichen Exsudationen. Das Punctum maximum lag im Zökum, das terminale Ileum blieb (klassischerweise) ausgespart. b Mikroskopisch stellten sich scharf umschriebene Ulzerationen mit nekrotischer Entzündungsreaktion im Bereich von Mukosa und Submukosa dar. Hierbei wiesen einzelne Ulzerationen ein „kolbenförmiges“ Muster („flask shaped“ Ulzera) auf. In der fibrin- und granulozytenreichen Nekrose zeigten sich zahlreiche ovale Trophozoiten mit eosinophilem Zytoplasma und einem Kern mit prominenter ringförmiger Membran und zentral punktförmigem Nukleolus. c Die PAS-positiven Trophozoiten sind zumeist von Retraktionshalos umgeben und können auch phagozytierte Erythrozyten im Zytoplasma aufweisen (Pfeile). Die hier dargestellte Amöbenkolitis, ausgelöst durch Entamoeba histolytica, passt zu den anamnestisch bekannten Aufenthalten des Patienten in Thailand und dortigem Konsum von „Street Food“. Die Übertragung erfolgt zumeist fäkal-oral, auch eine sexuelle Übertragung bei Analverkehr ist möglich. Nach Aufnahme der parasitären vierkernigen Zysten werden aus diesen im Dünndarm über Vorstadien und nach Teilung je 8 einkernige Trophozoiten von ca. 10–60 µm freigesetzt, die die Kolonschleimhaut invadieren. Typisch ist ein selektiver Befall einzelner Kolonabschnitte. Prädilektionsstellen sind das Zökum, die Kolonflexuren und der rektosigmoidale Übergang. Beginnend mit einer zunächst oberflächlichen Schleimhautnekrose schreitet der Befall in die Submukosa voran. Hämatogene Streuherde führen – wie auch bei diesem Patienten – am häufigsten zu Abszessen in der Leber (> 95 %), aber auch Hirn- und Lungenbeteiligung sind möglich