Kleine Polypen sind meist harmlos – sofern sie nicht wachsen

Der natürliche Verlauf von kolorektalen Polypen, die kleiner als 1 cm sind, ist nur unzureichend beschrieben. US-Forscher haben das nun nachgeholt und sich dafür das Screening per CT-Kolonografie zunutze gemacht. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Es herrscht verbreitet Konsens darüber, dass sich die meisten kleinen und kleinsten Darmpolypen nie zum Krebs auswachsen. Daten dazu stammen jedoch großenteils aus Querschnittstudien, Untersuchungen mit einem longitudinalen Ansatz sind selten. Zudem verfolgt die koloskopische Herangehensweise üblicherweise den Zweck, sämtliche vorgefundenen Polypen als potenzielle Krebsvorstufen abzutragen und die langfristige Entwicklung solcher Gewächse gar nicht erst abzuwarten. Eine langzeitige Beobachtung erlaubt hingegen die CT-Kolonografie, sofern Patienten mit wenigen kleinen Polypen sich für ein abwartendes Vorgehen entscheiden. Dies war im Protokoll einer Studie vorgesehen, deren Ergebnisse eine Arbeitsgruppe um den Radiologen Dustin Pooler von der University of Wisconsin in Madison vorgelegt hat. In die Studie, die sich über einen Zeitraum von insgesamt 16,4 Jahren erstreckte, gingen die Daten von 696 Patientinnen und Patienten im Alter von durchschnittlich gut 57 Jahren ein. Bei ihnen waren im kolonografischen CT-Screening ein oder zwei kleine, im Durchmesser höchstens 6–9 mm große Polypen im Darm entdeckt worden. In solchen Fällen konnten die Betroffenen wählen, ob sie sich einer sofortigen koloskopischen Polypektomie unterziehen oder erst einmal abwarten wollten, um dann drei Jahre später zum Kontroll-CT zu erscheinen. Ein solches Vorgehen gilt als sicher (Pickhardt PJ et al. Lancet Oncol 2013;14:711–20). Rund 25% der Polypen wachsen 314 Teilnehmer entschieden sich für die sofortige Koloskopie, 382 für die Überwachung mithilfe der CT-Kolonografie, die sich im Mittel über knapp 4,7 Jahre erstreckte. Von den sofort entfernten Polypen waren 67,8% Adenome, 2,2% mit fortgeschrittener Histologie, jedoch weder kanzerös noch hochgradig dysplastisch, sondern vom villösen Typ. Von den Polypen der Patienten unter CT-Überwachung zeigten 24,9% ein Wachstum, definiert als eine Volumenzunahme um mindestens 20% pro Jahr. 62,0% der Polypen blieben stabil, 13,1% bildeten sich zurück. 58,6% der Überwachungspatienten ließen ihre Polypen schließlich doch koloskopisch resezieren. In 87,1% der Fälle handelte es sich um Adenome, 12,9% fortgeschritten, darunter auch zwei Adenokarzinome. Die übrigen Patienten, bei denen in der Kontroll-CT noch Polypen nachweisbar waren, verzichteten auf die Resektion. 8,9% der Polypen waren im CT nicht mehr nachweisbar. Bei den Überwachungspatienten mit Polypenwachstum lag die Rate an Gewächsen mit fortgeschrittener Histologie bei 23,2% verglichen mit 7,0% bei den Patienten mit stabilen oder regredienten Polypen. Von den Patienten mit raschem Polypenwachstum – definiert als jährliche Verdopplung des Volumens – bekamen sogar 63,6% den Befund einer fortgeschrittenen Histologie; in diese Gruppe fielen beide erwähnten Karzinome. Ein solch schnelles Wachstum zeigten 5,2% der Polypen. Als Prädiktor für eine fortgeschrittene Histologie erwies sich allein das Wachstum. Weder das Alter der Patienten noch ihr Geschlecht, weder die Morphologie noch die Lokalisation der Polypen waren dafür von Belang. Auch De-novo-Polypen untersucht In einem Nebenbefund berichten Pooler und Kollegen auch über De-novo-Polypen von 205 Patienten, deren CT-Kolonografie ursprünglich negativ, in der Kontrolle nach fünf Jahren aber positiv ausgefallen war. 80,3% der Polypen waren Adenome, 9,0% wiesen eine fortgeschrittene Histologie auf – mehr als die Rate bei den sofort resezierten Polypen, aber nicht signifikant unterschieden von den in der CT-Überwachungsgruppe gefundenen. Pooler und sein Team stellten Berechnungen an, welches Wachstumsmuster von Polypen auf eine fortgeschrittene Histologie schließen lässt. Indem sie richtig und falsch positive Ergebnisse gegeneinander abtrugen und das Ergebnis in einer ROC-Kurve abbildeten, kamen sie auf einen Schwellenwert der jährlichen Volumenzunahme von 20%. Angewendet auf die in der CT-Überwachungsgruppe resezierten Polypen resultierte daraus eine Sensitivität für fortgeschrittene Histologie von 74%, eine Spezifität von 70%, ein positiver Vorhersagewert von 23% und ein negativer Vorhersagewert von 96% bei einer Genauigkeit von 71%. Das Verhältnis von Polypen mit fortgeschrittener zu solchen mit nicht fortgeschrittener Histologie ist mit diesem Schwellenwert knapp siebenmal höher als bei Polypen unter der Schwelle (Odds Ratio 6,8). „Mit dieser bis dato größten und umfassendsten longitudinalen Evaluation zur natürlichen Entwicklung von kolorektalen Polypen können wir bestätigen: Kleine Polypen stellen insgesamt ein geringes Risiko für die Patienten dar“, schreiben Pooler et al. Es sei womöglich sicher, sie zu überwachen und damit unnötige Polypektomien zu vermeiden. „Kleine kolorektale Polypen, die wachsen oder neu entstehen, sind mit höherer Wahrscheinlichkeit histologisch fortgeschritten, woraus sich Folgerungen für die klinische Entscheidungsfindung ergeben könnten.“ Das Wichtigste in Kürze Frage: Welcher natürliche Verlauf ist mit dem Befund kleiner, im Durchmesser 6–9 mm großer Polypen verbunden? Antwort: Eine Minderheit von 25% solcher Polypen nimmt über einen Zeitraum von knapp fünf Jahren an Größe zu. Bedeutung: Polypen mit Wachstumsverhalten weisen deutlich häufiger eine fortgeschrittene Histologie auf als stabile oder regrediente Polypen. Das könnte die klinische Entscheidungsfindung beeinflussen. Einschränkung: Die in der Studie verwendete Messgröße „Polypenvolumen“ gehört nicht zum Standard des Screenings auf kolorektalen Krebs.

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