Erschienen in:
27.01.2023 | Affektive Störungen | Leitthema
Depressionen bei Kindern und Jugendlichen
Oft zu spät erkannt und behandelt
verfasst von:
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 3/2023
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Zusammenfassung
Hintergrund
Depressionen treten über die gesamte Lebensspanne auf; bereits im Vorschulalter erkranken Kinder an einer Depression. Depressive Störungen werden oft zu spät erkannt und die Betroffenen meist erst mit einer Verzögerung von mehreren Monaten bis Jahren fachgerecht behandelt.
Material und Methoden
Der vorliegende narrative Review beruht auf der S3-Leitlinie zur Behandlung depressiver Störungen bei Kindern und Jugendlichen, aktuellen Reviews und experimentellen Studien.
Ergebnisse und Diskussion
Depressive Störungen treten bereits bei Kleinkindern mit einer Prävalenz < 1 % auf; diese steigt im Jugendalter auf 5–12 % an. Mädchen sind im Jugendalter deutlich häufiger betroffen. Die Diagnostik ist multimodal und erfordert umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen. Die Symptomatik ist entwicklungsabhängig; bei jüngeren Kindern treten häufig Irritabilität, Spielunlust und Lernprobleme auf. Es liegen Screeninginstrumente vor, um ein Erkrankungsrisiko frühzeitig festzustellen. Häufige komorbide Störungen sind Angststörungen und Anorexia nervosa. Die Ursachen sind multikausal. Die Interaktion zwischen genetischen Risikofaktoren und belastenden Umweltfaktoren erhöht das Erkrankungsrisiko. Psychosoziale Risikofaktoren sind schulische Belastungen, Mobbing, anhaltender Stress und eine belastete Eltern-Kind-Interaktion. Neuropsychologische und -biologische Korrelate finden sich in Form von Funktionsstörungen im Bereich des limbischen Systems, der Emotionsregulation und der Stressverarbeitung. Die Behandlung sollte multimodal sein, die Familie einbeziehen und ausreichend lange durchgeführt werden. Kognitive Verhaltenstherapie wird in der S3-Leitlinie vorrangig zur Behandlung bei Kindern und Jugendlichen empfohlen, für die pharmakologische Behandlung werden selektive Serotoninwiederaufnahme-Hemmer (SSRI) empfohlen.