Erschienen in:
09.07.2020 | Adrenogenitales Syndrom | Originalien
Genotyp-Phänotyp-Korrelationen bei Kindern und Jugendlichen mit nichtklassischem adrenogenitalen Syndrom mit 21-Hydroxylase-Defekt
verfasst von:
Em. Professor Dr. med. H. G. Dörr, N. Schulze, M. Bettendorf, G. Binder, W. Bonfig, C. Denzer, D. Dunstheimer, K. Salzgeber, H. Schmidt, K. O. Schwab, E. Voss, M. Wabitsch, J. Wölfle
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 11/2023
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Zusammenfassung
Hintergrund
Das nichtklassische adrenogenitale Syndrom mit 21-Hydroxylase-Defekt wird durch Mutationen im aktiven 21-Hydroxylase-Gen (CYP21A2) verursacht. Die klinische Symptomatik zeigt oft eine große Variabilität. Bisher wurden in Deutschland keine systematischen Untersuchungen durchgeführt.
Zielsetzung
Beschreibung des Phänotyps, Bewertung der Diagnostik, Genotyp-Phänotyp-Korrelation.
Patienten und Methodik
Retrospektive Analyse der Daten von 134 Patienten (Altersbereich 0,1 bis 18,6 Jahre) im Rahmen einer multizentrischen Studie von 10 pädiatrisch-endokrinologischen Zentren aus Bayern und Baden-Württemberg. Die Befunde wurden vor Ort aus den Krankenakten entnommen. Bei 126 Patienten wurden 233 Allele mit einer Mutation des CYP21A2-Gens identifiziert. Eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation wurde nach dem Mutationsbefund (C1: schwer/mild, C2: mild/mild) vorgenommen. Patienten mit einer Heterozygotie für eine CYP21A2-Gen-Mutation (Gruppe C3) wurden miteinbezogen. Die Datenerfassung erfolgte mit Zustimmung der Ethikkommission des Universitätsklinikums Erlangen im Zeitraum von 2014 und 2015.
Ergebnisse (MW ± SD)
Von 134 Patienten (115 w, 29 m) waren 117 symptomatisch. Das chronologische Alter (CA) war bei Diagnose 7,1 ± 4,4 Jahre. Das häufigste Symptom war eine prämature Pubarche mit 73,5 %. Die Körpergröße-SDS bei Diagnose lag bei 0,8 ± 1,3 und der BMI-SDS bei 0,8 ± 1.2. Das Knochenalter (KA) wurde bei 82,9 % der symptomatischen Patienten bestimmt. Die Differenz zwischen KA und CA betrug 1,9 ± 1,4 Jahre. Die basalen 17-Hydroxyprogesteron(17-OHP)-Konzentrationen lagen bei 14,5 ± 19,1 ng/ml (18 Patienten <2 ng/ml). Insgesamt wurden 58,1 % milde und 34,7 % schwere Mutationen gefunden. Die häufigste Mutation war p.Val281Leu mit 39,1 %. Der Gruppe C1 konnten 65,8 % der Patienten zugeordnet werden. Zwischen den 3 Mutationsgruppen wurden keine phänotypischen Unterschiede gefunden. Im ACTH-Test waren die 17-OHP-Werte (basal und nach ACTH) in der Gruppe C1 am höchsten und auch in der Gruppe C2 signifikant höher als in C3; die ACTH-stimulierten Cortisolspiegel (ng/ml) waren in den Gruppen C1 (192,1 ± 62,5) und C2 (218 ± 50) signifikant niedriger als in C3 (297,3 ± 98,7).
Schlussfolgerungen
Die meisten Patienten haben Symptome einer leichten Androgenisierung. Männliche Patienten sind unterdiagnostiziert. Die Diagnostik wird nicht einheitlich durchgeführt. Zwischen den Mutationstypen finden sich Unterschiede in den Hormonkonzentrationen, aber nicht im Phänotyp. Daher kann man spekulieren, dass noch weitere bisher nicht klar definierte Faktoren für die Ausbildung des jeweiligen Phänotyps verantwortlich sind.